Es ist Zeit für eine neue Ernsthaftigkeit im Impact Entrepreneurship, jetzt wo es kein Nischenthema mehr ist, jetzt wo es Dank Anerkennung von oberster politischer Ebene im Mainstream angekommen ist. Mit diesem Impuls eröffnete Leon Reiner das erste Impact Entrepreneurship Forum und setzte damit den Ton für einen Tag voller Tatendrang, geleitet von einer lösungsorientierten und zielgerichteten Haltung.
Der Wunsch, dass auf wichtige Worte die richtigen Taten folgen, eint den Impact Sektor und auch Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, MdB der am Nachmittag auf unserer Bühne stand, möchte ihm folgen. Nun, da die erste Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen verabschiedet wurde, ist es Zeit zu zeigen, dass die Regierung nicht nur Strategien schreibt, sondern die Maßnahmen auch zum Fliegen bringt, sagte er.
Beim ersten Impact Entrepreneurship Forum verkündete Robert Habeck klar seinen Zuspruch für all jene, die Wirtschaftlichkeit mit Gemeinwohl verbinden, die sich auf den Weg gemacht haben. Er lobte Impact Entrepreneurs dafür, dass die sich trauen, auch wenn und trotz dessen, dass sie nicht wissen, dass es sicher klappen wird. Dass sie wirtschaftliche Mittel einsetzten, um die größten Probleme unserer Zeit und die dringendsten gesellschaftlichen Fragen zu lösen, das sei in seinen Worten: „Eine geile Kombination.“
Risikobereitschaft, Optimismus und Vertrauen, dass es klappen muss — davon wünscht sich Robert Habeck mehr — in der Politik und Verwaltung, aber auch in der Wirtschaft. Für diese Risikobereitschaft dankte er dem Impact Sektor und sprach ihm eine entscheidende Rolle in der sozial-ökologischen Transformation unser Wirtschaft und Gesellschaft zu. Die Ernsthaftigkeit mit der er die nationale Strategie als Zielsetzung würdigte erfüllte den Raum mit Optimismus. Offen, realistisch und inspiriert, so sprach uns Robert Habeck an und diese Haltung ließ er auch zurück.
Die Nationale Strategie als Meilenstein des Impact Entrepreneurship und des Sozialunternehmertuns stand gleich am Morgen beim Breakfast Chat mit Zarah Bruhn, Beauftragte für Soziale Innovationen im BMBF im Fokus. Verständlich, denn Zarah war maßgeblich an ihrer Erarbeitung beteiligt und kennt als erfolgreiche Sozialunternehmerin und Gründerin von socialbee die Hürden und Herausforderungen die Impact Entrepreneurs meistern müssen sehr gut. Ihre Erfahrungen und Expertise stecken an allen Ecken des Dokuments und wir sind ihr sehr Dankbar für die persönlichen Einsichten in ihre Geschichte und ihre Zukunftvisionen. Die Strategie entstand aus der erfolgreichen und produktiven Zusammenarbeit von Ministerien und Koalitionspartnern und ist schon in diesem Sinne ein Vorzegebeispiel für die Art von Lösungen und Werten, für die auch Impact Hub Berlin einsteht. Gleich zu Beginn des Gesprächs teilte Zarah ihre Vision für Impact Entrepreneurship, wenn die Strategie erstmal erfolgreich umgesetzt ist.
Sie sagte Impact Entrepreneurship müsse mit der klassischen Wirtschaft verschmelzen. Ein entschiedener Hebel in diesem Bereich sei dabei innovative Förderung. Das Konzept des Impact-Linked Finance sei hier entscheidend. Vereinfacht meint es, je größer die Wirkung, desto günstiger, einfacher und desto größer sollte die Finanzierung sein.
Damit das klappen kann, muss die Wirkung besser artikuliert und gemessen werden können. Hier gibt es noch viel zu tun und hier müssen viele Akteur*innen zusammenarbeiten, und sich trauen neue Wege zu gehen, um Wirkung zu beweisen.
Mit diesen Worten setzte Zarah den Grundgedanken, der sich durch den Tag ziehen sollte. Zum Abschluss teilte sie noch einen wichtigen persönlichen Wunsch: „Bei so vielen gesellschaftlichen Problemen, da wünsche ich mir, dass wir vor allem Unternehmen gründen, die diese lösen“.
Im darauffolgenden Panel, stießen Christoph Wendker, Vice President Corporate Sustainability and Regulatory Affairs bei Miele und Dominik Campanella, Gründer von Concular zu Zarah auf die Bühne. Leon moderierte das Gespräch.
Unsere Speaker*innen brachten ihre unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen als Startup-Gründer, Sozialunternehmerin und Beauftrage für Soziale Innovationen sowie als Vertreter eines etablierten, traditionsreichen deutschen Großunternehmens an einen (Couch-)Tisch. Trotz Unterschiede prallten ihre Sichtweisen keinesfalls aufeinander, sondern ergänzten sich und zeigten, wie bereichernd und wichtig Sektor- und Industrieübergreifender Austausch ist. Die Frage nach erfolgreichen strategischen Partnerschaften und Kollaboration bestimmte das Gespräch und vor allem die, wie sie zwischen Startups und großen Unternehmen gelingen.
„Wenn man in der Zielstellung nah aneinander steht, dann können Startups großen Unternehmen zeigen wie es geht” sagte Christoph Wendker und meinte auch, dass Unternehmen noch stärker mit Startups zusammenarbeiten sollten, noch öfter in Kontakt treten müssten, um gemeinsame Ziele und Herausforderungen auszuloten oder, mit anderen Worten, um immer wieder Pingpong zu spielen. Es braucht sehr viele Akteure und Stakeholder*innen, die zusammenkommen damit der Wandel gelingt. In großen Unternehmen braucht das Zeit.
Das wiederum kann einer Startup Kooperation im Wege stehen. „Es gibt auch Risiken für Startups mit Corporates zusammenzuarbeiten, weil wir in ganz anderen Zeitspannen denken.” ergänzte Dominik Campanella und erinnert uns dass wir trotz gutem Kollaborations-willen oft in sehr unterschiedlichen Welten agieren “Startups brauchen Commitment und haben meist keine Zeit, monatelang über etwas zu reden.“ Das Timing scheint entscheidend zu sein. Passend dazu bereut Christoph Wendker, dass er Dominik Campanella nicht früher kennengelernt hat. Wir freuen uns, dass es beim Impact Entrepreneurship Forum geklappt hat und darauf, was die neue Verbindung in Zukunft bringen wird.
Dominks Startup Concular ist ein Beispiel dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen Startups und etablierten Unternehmen und konservativen Branchen gut funktionieren kann.
Dominik teilte im Panel offen seine Erfahrungen als erfolgreicher Impact Entrepreneur und gab persönliche Einblicke in die Reise seines jungen Startups, dass die Baubranche, einen der größten Umweltverschmutzer der Welt, nachhaltiger macht und auf die Circular Economy umstellt. Sich bei Trüffelpasta zu beschweren, dass es nicht gut läuft, das höre er zu oft. Gleichzeitig verstehe er, dass, wenn es gut funktioniert, die Motivation sich zu verändern fehlt.
Wie schafft Concular es trotzdem bei 100 Milliarden Euro Projekten große Partner dieser „extrem konservativen Branche“ dazu zu bewegen, dass sie in ihre gesamten Prozesse hingehen dürfen, um den Bau nachhaltiger und kreislauffähiger zu gestalten? „Du musst immer wieder raus aus deiner Komfortzone, immer wieder pitchen und dabei hörst du immer wieder, dass es nicht klappen wird, aber irgendwann sagt jemand OK, so baust du deinen ersten Case.“ - eine Art Visitenkarte für die nächsten Gespräche. Trotz der Hürden, es sei erfüllende Arbeit.
Zum Abschluss des Panels appellierte Zarah an alle Impact Entrepreneurs, die als ernstzunehmende Player wahrgenommen werden wollen: „Traut euch und konzentriert auf den Impact, den ihr messen und beweisen könnt. Auch wenn ihr wisst, dass eurer eigentlicher Impact darüber hinaus geht.“ Denn die meiste Aufmerksamkeit und das meiste Kapital geht dahin, wo messbare Wirkung ist und wo konkrete Einsparungen möglich sind. Sie spricht nochmals von Impact–Linked Finance und davon, sich darauf vorzubereiten. „Keine Finanzierung ohne messbaren Impact.“ Wenn das gilt, müssen wir mutiger werden, ein Euro-Schild an die eigene Wirkung zu hängen.
In den drei Impact Tracks, auf die sich unsere Gäst*innen nach dem Panel aufteilten, gingen wir auf unterschiedliche Weise auf die nötige Ernsthaftigkeit und Messbarkeit von Impact ein. Die Tracks schlugen eine Brücke von den Zukunftsvisionen, die uns leiten, zur täglichen Arbeit von Impact Startups und deren Förderern. Es ging darum, die großen Herausforderungen in kleinere Themen und Ökosystem-spezifische Lösungen zu übersetzen, und um praxisnahen Austausch mit vielen Handelnden.
Unsere Impact Ökosysteme sind im Grunde thematische Netzwerke und Problem-solving Units. Wir versammeln Akteurinnen, um gemeinsam, ganz bestimmte gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen und achten dabei auf eine diverse Mischung von Stakeholder*innen, Erfahrungen und Perspektiven.
Der Circular Economy Track startete mit einer Stakeholder*innen Diskussion mit
Marianne Kuhlmann, Mitgründerin von Circularity, Jonas Hüther, Circularity & Longevity Manager bei Miele und Isabel Gomez, Vorstandsmitglied bei der Cradle to Cradle NGO. Die Moderation übernahm Janna Schlender, Head of Strategic Partnerships bei Impact Hub Berlin.
Im Gespräch gingen unsere Expert*innen auf die Themen ein, die schon am Morgen die Hauptrolle auf der Hauptbühne spielten. Sie sprachen über die Relevanz von Wirkungsmessung, Regulatorik und Normen sowie das Spannungsfeld zwischen Konkurrenz und Partnerschaften, mit Blick auf die Circular Economy und das Cradle to Cradle Prinzip. Immer wieder wurde die Signifikanz von Branchen-übergreifenden Partnerschaften und eines Austauschs zwischen diversen Stakeholder*innen betont. Das gilt innerhalb der großen Unternehmen denn Zirkularität fängt bei Design an und wird somit in den Fachabteilungen umgesetzt. Da reicht es, nicht, dass sich nur die Führungsebenen vornehmen kreislauffähiger zu werden, es müssen alle Mitarbeiter*innen einbezogen und begeistert werden. Auch außerhalb des Unternehmen müssen alle Stakeholder am Gelingen einer erfolgreichen Circular Economy mitwirken: Zulieferer, Finanzierungspartner, Verbraucher*innen. Die Transformation kann nur gemeinschaftlich gelingen und wir müssen Mit haben uns den Lücken im gegenseitigen Verständnis anzunehmen.
Damit bei der Transformation der linearen Wirtschaft hin zur Zirkularität nicht nur guter Wille besteht, sondern Gelder tatsächlich an die richtigen Stellen fließen können, unterstrichen unsere Speaker*innen die Relevanz von Normen und von einer verlässlicher Wirkungsmessung. Nur wenn Zirkularität bewertet und bepreist werden kann, werden sich mehr Unternehmen auf den Weg machen. Nur dann können Konsument*innen ein Verständnis dafür entwickeln, wofür sie im Falle mehr bezahlen.
Auch die strategische Relevanz des Themas auf höchster politischer Ebene konnten wir im Panel anreißen und als Riesenchance und Potenzial für den Markt erkennen. Sowohl im Sinne von neuer Konkurrenz, die in Form von Startups massiven Innovationsdruck auf etablierte Unternehmen ausübt als auch als Möglichkeit neue Partnerschaften, Business Modele und unerwartete Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln. Wir müssen Konkurrenz neu-denken und mit dem Ökosystemgedanken ersetzen, da waren sich alle einig.
Der Circular Economy Track endete mit einem Fokus auf Grüne Technologien und mit einem Einblick in die Strategien des Lufthansa Innovation Hub und ihre Ideen für eine nachhaltigere Reisebranche, die Kolin Schunck und Jana Jacobs mit uns teilten.
Ergänzt wurde der Vortrag des Lufthansa Innovation Hub mit Beiträgen zweier Impact Startups unseres Green Tech Ökosystem, deren Lösungen den Impact von Corporates und Industrie mitdenken und herausfordern. Wir bedanken uns herzlich bei Crowd Impact und Squake für ihre Präsentationen.
Im Sustainable Food Track wagten wir einen optimistischen Blick in die Zukunft nachhaltiger Lebensmittelsysteme. Unser aktueller Sustainable Food Trendreport gab den inhaltlichen Rahmen für den Austausch mit Akteur*Innen unseres nachhaltige Lebensmittel-Ökosystems. In drei parallelen Roundtables, sind wir in die Mega-Trends und Zukunftsszenarien nachhaltiger Lebensmitteilsysteme eingetaucht und haben beleuchtet, wie sie durch Kollaboration und Partnerschaften die Resilienz und Regeneration der Agri-Food Branche steigern können. Moderiert wurden die Gespräche von Innovator*innen aus unserer Community. Für ihre wertvollen Impulse bedanken wir uns herzlich bei Nishit Agrawal, Co-Founder von SkoneLabs, Marie Populus, Vorstandsmitglied SuperCoop Berlin eG, Felix Virmani, Country Manager Marktschwärmer Deutschland und Alexander Engelke, Team-Lead Innovation & Strategy, Rentenbank.
Die Überschneidung des Themas Nachhaltige Lebensmittel mit unseren weiteren Wirkungsfeldern Circular Economy, Diversität, Teilhabe und Inklusion sowie Grüne Technologien wurde in den Gesprächen sehr deutlich. Zusammenarbeit und Austausch sind auch zwischen den verschiedenen Ökosystemen der Impact Economy nötig und wertvoll.
Am Nachmittag vertieften wir den Austausch in einer interaktiven Immersion in die nachhaltigen Innovationen unserer Lebensmittel -Systeme und -Konsums, in dem wir die Lösungen von Agri-Food Impact Entrepreneurs unserer Community ausprobieren konnten. Mit OURZ untersuchten wir die Nachhaltigkeit und Wertschöpfungsketten von Supermarktprodukten, probierten Smoothies aus Essensresten zubereite mit Open Funks zirkulärem Blender und schmeckten dank Food Together, den Unterschied verkürzter Wege von Lebensmitteln, die direkt von Farm to Table und auf dem Teller landen.
Im ersten Teil des Diversität, Teilhabe und Inklusion Tracks hatten die Teilnehmenden in Kleingruppen Zeit, aus ihrer Sicht Impulse zu den Themen Empowerment, Allyship, und Partnerschaften zu setzen. Unter andern wurde der Wunsch nach einem intersektional inklusiverem Impact Sektor laut, sowie nach mehr Solidarität und Sichtbarkeit durch Kollaboration mit Stakeholdern*innen aus Politik und Wirtschaft.
Im zweiten Teil des DEI Tracks begrüßten wir die Panelist*innen Genefer Baxter (sie/ihr), Mitgründerin von Aula Future und Teil von Empower Now, Lukas Pajonczek (er/ihn), Mitgründer von Video to Voice und Alumni unserer Digital Imagination Challenge, Nora Mathelemuse (they/them), Psycholog*in, Data Scientist, Gründende von all.txt und IHB Member, sowie Anna Lena Schiller (sie/ihr), Head of Tech bei AlgorithmWatch.
Neben der Frage, welche Chancen und Herausforderungen technologische Lösungen im Bereich DEI aufwerfen, haben die Panelist*innen von ihren eigenen Erlebnissen als Gründende berichtet. Zudem wurden die Chancen, Herausforderungen und Gefahren von Algorithmen und KI thematisiert, besonders in Bezug auf Hate Speech, Natural Language Processing und Machine Learning. Im Laufe des Panels wurde klar, dass KI und Algorithmen nie objektiv sind, sondern Informationen aus bestehenden, meist unvollständigen, einseitigen und dadurch auch diskriminierenden Datensets ziehen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, brauche es mehr Diversität und Intersektionalität unter denen, die an technischen Lösungen arbeiten. Dank ihrer Sensibilität und Perspektive können Gefahren für marginalisierte und von Diskriminierung betroffene Gruppen früher erkannt werden und damit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geschützt werden. Diversität und Intersektionalität sei in Forschung und Technologie ebenso wichtig wie in der Gründungslandschaft und im Unternehmertum. Auf die Frage, was uns Hoffnung für die Zukunft gibt, war sich das Publikum einig, dass die Arbeit der Panelist*innen ein guter und wichtiger Start sei. Wir danken allen Teilnehmenden des DEI Tracks für ihre Offenheit und ihren Mut und insbesondere Gen, Lukas, Nora und Anna Lena für ihre Zeit und Einblicke.
Die Abschlussworte des Tages hielt Heloise Le Masne, Director of Operations bei Impact Hub Berlin und beendete das Forum in ihrer gewohnt wundervoll offenen Art. Sie lud alle Teilnehmenden ein ihre Highlights und das was sie mitnehmen kurz zu teilen. Wir wollen den Kommentar von Manuel Ehlers, Head of Sustainable Property bei Triodos Bank hervorheben, der bemerkte dass uns Robert Habeck neben seinem Zuspruch auch eine große Verantwortung auferlegt hat, die auf die Skalierbarkeit von Impact Lösungen hinausläuft. Dazu sagen wir nur - Challenge accepted, we're working on it.
Ein Artikel wie dieser kann der geballten Expertise und den vielen wichtigen Erkenntnissen und Momenten des Impact Entrepreneurship Forums kaum gerecht werden. Wir freuen wir daher auf Ergänzungen und eine rege Diskussion online.
Vielen Dank an alle Teilnehmenden, für die großartigen Beiträge und das positive Feedback.