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10 Jahre nachhaltige und soziale Innovation: Impact Hub Berlin feiert Geburtstag

Gründer Leon Reiner teilt Insights und Learnings und spricht über die Zukunft der Berliner Impact Szene.

Dieser Blogbeitrag wurde ursprünglich als Gastartikel in der Berliner Zeitung veröffentlicht.

Vor zehn Jahren war gemeinwohlorientiertes Unternehmertum in Berlin eine Nische – Was damals mit einer Handvoll engagierter Köpfe begann, hat sich zu einem der dynamischsten Ökosysteme Europas entwickelt. Heute ist Impact eine feste Säule der Berliner Startup Agenda und sogar mit einer eigenen Strategie, der Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen auf Bundesebene verankert. Als Mitgründer des Impact Hub Berlin durfte ich nicht nur die Berliner Impact Szene mit aufbauen, sondern auch erleben, wie die Innovationen und Unternehmen, die hier entstanden sind, dazu beigetragen haben, Berlin lebenswerter und Deutschland zukunftsfähiger zu machen.

Zum Jubiläum teile ich meine wichtigsten Learnings aus zehn Jahren sozialer und nachhaltiger Innovation. Ich blicke auf die Zukunft der Impact Szene, die von Trends wie Künstlicher Intelligenz, und wachsender Regulation geprägt sein wird. Außerdem zeige ich auf, welche Rahmenbedingungen Berliner Impact Startups benötigen, um Innovation weiterhin erfolgreich umzusetzen. Denn eines ist klar: Berlin hat das Potenzial der führende Standort für soziale und nachhaltige Innovation zu werden – weltweit!

Die Entwicklung der Berliner Impact Szene in den letzten 10 Jahren

Berlin ist in den letzten zehn Jahren ein immer wichtigerer Schauplatz für soziale und nachhaltige Innovation geworden. Mit einer wachsenden Community, internationalen Akteur*innen und einer klaren Agenda, ist die Stadt heute ein echter Hotspot für das Thema Impact. Der Begriff “Impact” ist hier als Sammelbegriff für Innovationen und Startups, denen es um die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen geht, sowohl wenn es um soziale, als auch um ökologische Themen geht. Die Veränderungen in dieser Dekade spiegeln sich vor allem in der Weiterentwicklung unserer beiden Services bei Impact Hub Berlin wider: Programme und Coworking.

Unsere Erfahrungen haben uns gezeigt, wie entscheidend maßgeschneiderte Programme sind, die Impact Unternehmer*innen mit den nötigen Ressourcen, Netzwerken und Wissen ausstatten, um ihre Ziele zu erreichen. Genauso haben wir erkannt, dass ein flexibler und inspirierender Coworking Space der ideale Ort für kreativen Austausch und Zusammenarbeit ist. Diese beiden Elemente sind inzwischen zentrale Pfeiler, die es uns ermöglichen, Impact Startups und Partner aus Wirtschaft und Politik optimal zu unterstützen und ihre Visionen in die Realität umzusetzen.

Coworking – von 100 m² bis zum preisgekrönten, zirkulären 3500 m² Space

Was als kleiner Coworking Space auf 100 m² begann, hat sich in den letzten zehn Jahren zu unserem 3500 m² großen, preisgekrönten Circular Space in Berlin-Neukölln entwickelt, der von Financial Times als einer der "Europe's Leading Startup Hub 2024” ausgezeichnet wurde. Ein Coworking Space, der nach zirkulären Prinzipien gebaut wurde. Dieser Wandel verbildlicht nicht nur unser Wachstum, sondern auch das von Berlin als Hotspot für nachhaltige Innovationen. Der Circular Space ist heute der kreative Nährboden, auf dem Impact Unternehmer*innen ihre Ideen verwirklichen – ein Ort, an dem Zusammenarbeit, Inspiration und zirkuläres Design aufeinandertreffen.

Programme – von kleinen Projekten bis zu globalen Partnerschaften

Unsere Programme haben sich ebenso stark entwickelt. Während wir anfangs mit kleinen, lokalen Partnern zusammenarbeiteten, haben wir in den letzten Jahren bedeutende internationale Kooperationen aufgebaut. So haben wir beispielsweise mit Miele zirkuläre Waschmaschinenkonzepte entwickelt, die Bethmann Bank als Vorreiterin nachhaltiger Finanzstrategien unterstützt und mit TikTok das Diversity-Programm EmpowerNow realisiert. Diese Erfolge zeigen, wie die Kombination aus lokalem Engagement und globaler Vernetzung wirkungsorientierten Unternehmen in Berlin einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschafft und die Stadt zu einem führenden Zentrum für Innovation und Impact macht.

Finanzierung – von Crowdfunding bis zur Millionenfinanzierung

Wir haben es selbst erlebt. Die Finanzierungslandschaft hat sich enorm gewandelt! Von unserer ersten Crowdfunding-Kampagne mit 50.000 Euro bis zu Jahresumsätzen in Millionenhöhe und mehrjähriger Zusammenarbeit mit der Regierung im Rahmen des Programms “Nachhaltig Wirken“, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert wird. 

Diese Entwicklung zeigt nicht nur unseren Erfolg, sondern auch, dass die Impact Szene heute insgesamt bessere finanzielle Möglichkeiten hat als je zuvor – trotz der weiterhin bestehenden Herausforderungen.

Fun Facts – von King Charles bis Angela Merkel

Und natürlich gab es in den 10 Jahren auch einige Fun Facts - Ein Besuch von King Charles, ein inspirierender Brownbag Lunch mit Muhammad Yunus und unserer Community, ein Termin mit Bundespräsident Steinmeier und eine Fotobomb mit Angela Merkel. Der "Ritterschlag" kam im Oktober 2024, als Dr. Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, die Schirmherrschaft für unser Impact Entrepreneurship Forum übernahm und betonte: „Das Event demonstriert eindrucksvoll, welche wichtige Rolle wirkungsorientiertes Unternehmertum für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes spielt. Das Forum bringt Unternehmen, Startups, NGOs, aber vor allem Menschen zusammen – und wird so zum wichtigen Nährboden für Innovation.“ Diese Momente sind mehr als nur Anekdoten – sie spiegeln die Anerkennung und das Wachstum der Berliner Impact Szene wider und verdeutlichen, wie weit wir in den letzten zehn Jahren gekommen sind.

Über die Zukunft der Impact Szene

Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage und der wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimakrise und politischen Extremismen brauchen wir Lösungen, die einen relevanten Beitrag leisten und dabei wirtschaftlich tragfähig sein können. Genau diese Lösungen entstehen in der Impact Szene. Und Berlin hat das Potenzial, sich in den kommenden Jahren weiter als Heimat für Unternehmen zu etablieren, die konkret dazu beitragen, die großen Probleme unserer Gesellschaft zu lösen. Dabei sind nicht nur Startups relevant, sondern genauso Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in der Hauptstadt. Mit dem Verständnis, dass wir gemeinsam daran arbeiten wollen, die Herausforderungen zu meistern, könnten wir in Berlin Nachhaltigkeit als echten Wettbewerbsvorteil etablieren.

 

Neueste Trends und Technologien für gemeinwohlorientiertes Unternehmertum

Die nächste Ära des Impact Entrepreneurship wird von zwei zentralen Themen bestimmt sein: disruptive Technologien und Regulation. Disruptive Technologien wie Künstliche Intelligenz und damit verbundene Innovationen, nicht nur im Software-, sondern besonders auch im Hardwarebereich, zum Beispiel bei der Dekarbonisierung der Industrie, werden eine wesentlich höhere Entwicklungsgeschwindigkeit bei Innovationen ermöglichen. Das kann Effizienz, Transparenz und Vertrauen fördern, wenn sie verantwortungsvoll und fair genutzt werden. Es bestehen aber auch Risiken, die unbedingt bearbeitet werden müssen. Bei Impact Hub Berlin setzen wir auf diese Technologien, um Innovationen voranzutreiben, zum Beispiel in den IHB Labs, wo KI und andere Technologien helfen, Lösungen skalierbar und effizient zu machen. Gleichzeitig setzen wir uns intensiv mit Künstlicher Intelligenz und ihren Risiken auseinander und haben kürzlich unseren Trend Report 2024 mit den acht KI-Trends für eine nachhaltige und inklusive Zukunft veröffentlicht.

Gleichzeitig werden aktuelle Entwicklungen in der Regulation wie CSRD-Reporting und Lieferkettengesetz immer relevanter für die Impact Szene. Der Blick auf die EU zeigt zudem, dass hier noch einiges mehr zu erwarten ist. Momentan haben diese Veränderungen aber einen unerwarteten Effekt: Die Herausforderungen bei Einführung der Reportingstandards für größere Unternehmen führt zu einem extremen Fokus auf nachhaltige Berichterstattung und im Umkehrschluss zu einer massiven Reduktion von Budgets, die für Innovationen im Nachhaltigkeitsbereich zur Verfügung stehen. Mittel- bis langfristig werden diese Mittel wieder zur Verfügung stehen und es ist zu erwarten, dass der Gesamteffekt im Sinne der Nachhaltigkeit sehr positiv sein wird.

Gemeinsam haben diese beiden Trends das Potenzial, Impact zu einem echten Wettbewerbsvorteil für Berlin zu machen. Um das zu realisieren, braucht es eine enge Zusammenarbeit aller Stakeholder in Berlin, aber besonders von Unternehmen und Impact Startups, um einsatzbereite Innovationen zu integrieren.

Um das zu schaffen, müssen gerade diese Unternehmen schon heute beginnen, die richtigen Strukturen zu schaffen. 

Um diese besondere Art der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Playern zu ermöglichen, bauen wir seit 10 Jahren ein Impact Ökosystem auf. Der Fokus auf ressourcenschonende Geschäftsmodelle und der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Inklusion ist dabei heute wichtiger denn je. 

In Berlin und deutschlandweit arbeiten wir dabei mit Unternehmen, Universitäten und verschiedenen Ministerien. International als Teil des größten Netzwerks weltweit mit über 120 Standorten und mehr als 500.000 Changemakern, kombinieren wir lokale Wirkung mit globaler Reichweite. Impact Hub Berlin ist dabei das Tor für Innovationen und gute Lösungen aus der ganzen Welt, nach Berlin und von Berlin in die ganze Welt.

Berlin als Zentrum für soziale und nachhaltige Innovation

Berlin ist das dynamische Zentrum für soziale und nachhaltige Innovation, in dem wirkungsorientierte Startups und Unternehmen florieren können – aber um ihre Ziele erfolgreich umzusetzen, sind spezifische Rahmenbedingungen erforderlich, an denen wir weiterhin arbeiten müssen.

Dazu gehört der Zugang zu Kapital durch unsere gezielten Förderprogramme oder die Etablierung eines Social Impact Fonds, wie von SEND e.V.  gefordert. Die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch die Schaffung einer Rechtsform für gemeinwohlorientierte Unternehmen, Bildung und Wissenstransfer spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, um unternehmerische Fähigkeiten im sozialen und nachhaltigen Bereich zu stärken. Hier könnte das geplante gemeinsame Gründungszentrum der Berliner Universitäten, UNITE Berlin, eine wichtige Rolle spielen.

Und besonders entscheidend: Die Verzahnung von Mittelstand und Startups, um gemeinsam an Nachhaltigkeitsherausforderungen zu arbeiten, wie wir es in Berlin mit Plattformen wie nawi.berlin anbieten.
10 Jahre soziale und nachhaltige Innovation zeigen: Nachhaltiges Unternehmertum ist längst nicht mehr nur eine Nische, sondern ein zukunftsweisendes Modell, das unternehmerisches Handeln und gesellschaftliche Verantwortung untrennbar miteinander vereint und den nachhaltigen Wandel vorantreibt. Dabei hat Berlin das Potenzial, europäisches oder sogar globales Zentrum für Impact Entrepreneurship zu werden. Aber dafür müssen wir alle an einem Strang ziehen: Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Philanthropie – und Gründerinnen!

Gastbeitrag von Leon Reiner, Gründer und Managing Director von Impact Hub Berlin, für die Berliner Zeitung.